Sozialdemokratische Beschäftigungspolitik
in Europa:
Für ein menschliches Europa
Einleitung
Die Europäische Union muss die Globalisierung menschlicher gestalten.
Dafür muss sie ihr soziales Modell verteidigen und ausbauen.
Die Fraktion der sozialdemokratischen Partei Europas setzt sich für
die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Modells der EU ein.
Für uns ist Europa vor allem ein menschliches Europa. Europa ist
Geburtsort des Wohlfahrtsstaates, der gewachsenen Tarifbeziehungen und
der Rechte der ArbeitnehmerInnen. Dieses Modell hat bereits in der Vergangenheit
Fortschritt, Stabilität und Wohlergehen gesichert und wird dies
auch weiterhin tun. Es muss angepasst und weiterentwickelt werden, um
den demographischen und technologischen Herausforderungen sowie den
Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und der Familienstrukturen Rechnung
zu tragen. Nur so kann der wachsenden sozialen Ausgrenzung entgegen
gewirkt werden.
Wir sind in einer sehr schwierigen Phase: die Europäische Union
wird zunehmend mit ernsthaften wirtschaftlichen und sozialen Problemen
konfrontiert. Wirtschaftliche Unsicherheiten wiegen schwer und belasten
einen möglichen Konjunkturaufschwung in Europa.
Wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt bedingen sich
Wir müssen uns deshalb weiterhin dafür einsetzen, dass wirtschaftlicher
und sozialer Fortschritt Hand-in-Hand gehen. Eine erfolgreiche wirtschaftliche
Entwicklung, Beschäftigungsaufbau und soziale Sicherung müssen
sich wechselseitig unterstützen. Sozialer Fortschritt und dauerhafter
wirtschaftlicher Aufschwung sind nicht voneinander zu trennen. Sie bedingen
sich vielmehr gegenseitig.
Hauptziel: Vollbeschäftigung
Unsere erste Verpflichtung ist Vollbeschäftigung. Um dieses Ziel
zu erreichen, müssen wir zuerst unsere Bemühungen verstärken,
wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen
zu fördern. In Wirtschaft und Wirtschaftspolitik müssen wir
auf effizientes Management auf europäischer Ebene bestehen, vor
allem nach der Einführung des Euro. In einem Binnenmarkt, dem nach
der Erweiterung 450 Millionen Menschen angehören, muss Europa in
der Lage sein, seine "Wachstumsmaschine" anzukurbeln und seine
Binnennachfrage zu stimulieren. Diese Binnennachfrage beträgt schon
fast 90 % unseres BIP, aber wir müssen mehr daraus machen: ein
größerer europäischer Markt und eine stärkere politische
Union können uns helfen, mit ehrgeizigen politischen Anstrengungen
voranzukommen.
Neuer Sozialvertrag muss Beschäftigungskonzept ergänzen
Nötig ist ein neuer Sozialvertrag in unseren Gesellschaften, in
dem neben Beschäftigungsförderung und sozialer Sicherung auch
der Aus- und Weiterbildung Vorrang eingeräumt wird. In unserer
sich ändernden Wirtschaft werden Vollbeschäftigung, soziale
Gerechtigkeit und Gleichstellung zunehmend von unserer Fähigkeit
abhängen, Menschen die Möglichkeit zu kultureller, professioneller
und persönlicher Entwicklung zu geben. Ein neuer Sozialvertrag
muss deshalb das Recht auf lebenslanges Lernen für jedermann, neue
Rechte für bislang wenig oder ungesicherte Arbeitskräfte,
sowie menschlichere Arbeitsbedingungen in einem verbesserten Arbeitsumfeld
einschließen. Ausbildung und Innovation sind die Basis für
die Zukunft unserer Jugendlichen.
Im Kampf gegen soziale Ausgrenzung und Sozialdumping fordern wir
ein angemessenes Mindesteinkommen, ein Grundgehalt und eine Grundrente
in jedem Mitgliedstaat.
Beschäftigungsrate von Frauen und älteren ArbeitnehmerInnen
erhöhen
Die Beschäftigungsrate von Frauen und älteren Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern ist auffallend niedrig. Um mehr Menschen in die Arbeitswelt
zu integrieren, brauchen wir neue Formen der Arbeitsorganisation, Anreize
für ältere Arbeitskräfte, damit sie im Arbeitsprozess
bleiben sowie Maßnahmen, die die Unternehmen daran hindern, Arbeitskräfte
über 50 Jahre auszurangieren. Für Frauen müssen wir dringend
neue Beschäftigungsfelder erschließen, auch mit Hilfe einer
modernen Politik, die es durch den Ausbau von Bildungs- und Betreuungseinrichtungen
besser ermöglicht, Arbeit und Familienleben in Einklang zu bringen.
Erfolge und Ziele der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
Es ist vor allem Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu verdanken,
dass die EU bereits wichtige Rechtsvorschriften verabschiedet hat, um
die Gesundheit und die Sicherheit der Arbeitskräfte zu schützen,
um Arbeitsbedingungen zu verbessern, um die Beteiligung der Arbeitskräfte
an Unternehmensentscheidungen zu fördern und um die Diskriminierung
in der Beschäftigung und Ausbildung zu bekämpfen. Allerdings
hört unsere Arbeit in diesen Feldern damit noch längst nicht
auf: wir bestehen auf vollständiger und fristgerechter Umsetzung
der Richtlinien in jedem Mitgliedstaat der EU, damit die Effektivität
der europäischen Regelungen gesichert ist sowie weiteren Fortschritten
in der europäischen Gesetzgebung.
Die EU-Wirtschaftssysteme sind einer schnellen Modernisierung unterworfen.
Wir müssen mit den durch Umstrukturierung und Standortwechsel hervorgerufenen
beschäftigungs- und sozialpolitischen Auswirkungen äußerst
vorsichtig umgehen. Diese Entwicklung führt zu häufig zu Arbeitsplatzverlusten
und zur Aushöhlung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts
in der Region. Sie ist verantwortlich für ein zunehmendes Gefühl
der Unsicherheit in der Arbeitnehmerschaft wie in der breiten Öffentlichkeit.
Deshalb wollen wir den Ausbau kollektiver und individueller Arbeitnehmerrechte.
Ganz besonders setzen wir uns für eine Verbesserung der Rechte
der Europäischen Betriebsräte ein. Wir wollen damit ArbeitnehmerInnen
und ihren Vertretungen die Möglichkeit geben, ihren Einfluss bei
Umstrukturierungen, Modernisierungen und Arbeitsplatzverlagerungen besser
ausüben zu können.
Dazu brauchen wir ein neues Politikkonzept. Die soziale Dimension muss
in der gesamten Politik der Europäischen Union Wirklichkeit werden.
Dies ist unsere Verpflichtung für ein starkes und soziales
Europa!